Navigation und Service

"Wenn Menschen miteinander reden, entstehen gute Dinge"

Anja Rosswinkel | Anja Rosswinkel, Koordinatorin des Projekts "Foyer für Begegnungen" der Stadtbibliothek "Hans Fallada" in Greifswald, spricht im Interview darüber, warum es bei der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) so wichtig ist, alle lokalen BNE-Akteurinnen und Akteure, die Verwaltung sowie die Wirtschaft mit einzubeziehen und Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen – und wie sie die Besucherinnen und Besucher ihrer Bibliothek mit dem Thema überraschen möchte.

Anja Rosswinkel im dunkelblauen Rollkragenpullover hält ihre grün bemalte Hand in die Kamera, daneben ein Zitat von ihr: "Es ist aus meiner Sicht sehr wichtig, das Thema eben nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit Hand und Herz zu erfahren."
© berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler

Frau Rosswinkel, wie kamen Sie zur Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)?

Ich bin gebürtige Greifswalderin und habe Ende der 90er-Jahre in Berlin Sozialarbeit mit dem Schwerpunkt "Betriebliche Sozialarbeit" studiert. "Nachhaltigkeit in Unternehmen" war ein Thema, mit dem wir uns intensiver beschäftigten. Das war völlig neu und spannend für mich. Während meines Anerkennungsjahres bei "Beiersdorf" in Hamburg habe ich erleben dürfen, wie im Konzern der erste Nachhaltigkeitsbericht verfasst wurde. Weil mich das interessierte, konnte ich den Kolleginnen und Kollegen in der Nachhaltigkeitsabteilung über die Schulter schauen. Das hat mir endgültig die Welt der Nachhaltigkeit eröffnet.

Die Zusammenarbeit mit Unternehmen wurde dann gewissermaßen Ihr Steckenpferd. Warum finden Sie das so wichtig?

Nach dem Studium, wieder in Berlin, habe ich mich für den "UPJ e.V." um sinnstiftende Projekte zwischen Wirtschaftsunternehmen und gemeinnützigen Organisationen gekümmert. Ich fand es spannend, wie sich Unternehmen jenseits von Spenden und Sponsoring sozial oder ökologisch engagieren können – unter anderem mit Corporate Volunteering (Anm. d. Red.: auf Deutsch: betriebliche Freiwilligenarbeit). Darunter versteht man, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zumeist während ihrer Arbeitszeit aktiv für gemeinnützige Projekte engagieren. Meine Aufgabe war es, Projekte zu entwickeln, in denen sich sowohl die Mitarbeitenden aus Unternehmen, der gemeinnützigen Organisationen sowie im Besonderen auch die Zielgruppen der gemeinnützigen Organisationen gleichermaßen einbringen können. Ich habe erlebt, wie bereichernd und erfüllend es ist, Menschen miteinander in Kontakt zu bringen. Denn dass ein Manager, sagen wir von "Rolls Royce", einen Tag lang mit Kindern und Jugendlichen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern aus einer gemeinnützigen Organisation gemeinsam an einem Projekt arbeitet, passiert nicht einfach so. Dafür braucht es Gelegenheiten und Vermittlung.
Das hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht. Wir haben darüber hinaus auch die kommunale Verwaltung mit einbezogen. In Brandenburg gibt es z. B. einen Runden Tisch "Jugend und Wirtschaft", wo es darum ging, Auszubildende für soziales Engagement zu sensibilisieren und zu gewinnen. Netzwerken war also irgendwie schon immer ein großes Thema für mich.

Wie Bildung für nachhaltige Entwicklung kommunizieren? Das war das Netzwerktreffen 2022

Anja Rosswinkel im dunkelblauen Rollkragenpullover hält ihren Zeigefinger ans Kinn und schaut nach schräg links oben.

"Am Ende geht es bei BNE um die grundsätzliche Frage, wie wir eigentlich leben wollen."

QuelleZitat Anja Rosswinkel © Bild: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler

Über Anja Rosswinkel:

Anja Rosswinkel ist seit 2021 Koordinatorin des Projekts "Foyer für Begegnungen" der Stadtbibliothek "Hans Fallada" in Greifswald. Die diplomierte Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin und PR- und Kommunikationsmanagerin hat einen reichen Erfahrungsschatz in den Bereichen Corporate Volunteering (auf Deutsch: betriebliche Freiwilligenarbeit) und Unternehmenskooperationen vorzuweisen.

 

Seit 2021 koordinieren Sie das Projekt "Foyer der Begegnungen" der Stadtbibliothek Greifswald: Wie kam es dazu und was steckt dahinter?

In der Corona-Zeit hat mich das Heimweh gepackt und ich bin zurück nach Greifswald. Die Stelle als Projektkoordinatorin "Foyer für Begegnungen" in der Stadtbibliothek hat mich sehr gereizt – schließlich waren Begegnungen schon immer mein Lieblingsthema! In dem Projekt geht es einerseits darum, das Foyer umzugestalten, eine angenehmere Atmosphäre zu erschaffen, in der sich die Besucherinnen und Besucher willkommen, inspiriert und gut orientiert fühlen. Darüber hinaus geht es auch darum, Gelegenheiten zu schaffen, um miteinander ins Gespräch zu kommen und voneinander zu lernen.
Dafür haben wir einen groß angelegten Partizipationsprozess gestartet. Wir wollten wissen, was die Greifswalderinnen und Greifswalder an der Stadtbibliothek schätzen und was sie sich in Zukunft wünschen. Rund 2.000 Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab 9 Jahren nahmen daran teil. Das war nur möglich, weil ich bestehende Netzwerke und deren Mitwirkende in der Stadt einbeziehen konnte. So wurde uns u. a. vom Kinder- und Jugendbeirat und der Kinderbeauftragten empfohlen, explizit eine Umfrage zu entwickeln, die sich an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen orientiert. Da meine Kollegin Antje Töppner aus der Kinderbibliothek seit über 20 Jahren ein Netzwerk zum Thema Leseförderung mit allen Greifswalder Schulen pflegt, war es möglich, die Umfrage für Kinder und Jugendliche in den Unterricht einzubauen.
Um auch Menschen in Stadtteilen zu erreichen, die bisher weniger die Stadtbibliothek nutzen, haben wir mit den sozialen Einrichtungen vor Ort und dem Quartiersmanagement zusammengearbeitet. Außerdem haben wir uns vor die Supermärkte in diesen Stadtteilen gestellt und die Menschen direkt befragt. Auf die Befragung folgte ein partizipativer Workshop, in dem wir die gesammelten Ideen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern weiter ausgearbeitet haben. Ich bin ein großer Fan von partizipativen Großgruppenmethoden.

Es geht aber beim "Foyer der Begegnungen" nicht nur um eine räumliche Umgestaltung – wie kommt da BNE ins Spiel?

Nach den guten Erfahrungen des partizipativen Prozesses habe ich bei der internen Arbeitsgruppe "Bildung für nachhaltige Entwicklung" angeklopft, die darauf fußt, dass Greifswald BNE-Modellkommune ist. Zu ihr gehören der Klimaschutzbeauftragte Dr. Stephan Braun, die Beauftragte für Internationale Kontakte Anett Dahms, die Abteilungsleiterin Schulverwaltung Carola Felkl, die Beauftragte für Gleichstellung und Familie Claudia Kowalzyck, die Beauftragte für kommunale Entwicklungspolitik Dr. Maria Teresa Martínez Domínguez sowie Michael Haufe für den Bereich Umweltvorsorge/Klimaschutz. Bei ihnen habe ich die Stadtbibliothek mit dem neugestalteten Foyer als Begegnungsraum sozusagen als Dreh- und Angelpunkt für alle BNE-Aktivitäten der Stadt angeboten – und ich bin damit auf offene Ohren gestoßen. So bin ich zu meiner Rolle als BNE-Netzwerk-Koordinatorin innerhalb der BNE-Arbeitsgruppe gekommen.

Nationaler Preis – Bildung für nachhaltige Entwicklung: Das sind die Preisträgerinnen und Preisträger 2022!

Die Bibliothek als "Dreh- und Angelpunkt für BNE": Wie muss man sich das vorstellen?

Die Mitwirkenden des BNE-Netzwerkes in Greifswald wissen um das Potenzial, die Bibliothek als Ort für Öffentlichkeitsarbeit nutzen zu können. Mit dem "Foyer für Begegnungen" wird sich in Zukunft auch die Möglichkeit ergeben, Besucherinnen und Besucher über Gesprächsrunden, Infoveranstaltungen sowie Workshops auf ihre BNE-Aktivitäten und Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Mund-zu-Mundpropaganda bzw. aktives Erleben erhöht aus meiner Sicht die Aufmerksamkeit für die Angebote der BNE-Akteurinnen und Akteure mehr als ein Plakat oder ein Flyer.

In diesem Jahr wird die Arbeitsgruppe BNE ein Hauptaugenmerk darauflegen, Kooperationen zwischen den Greifswalder Schulen und den BNE-Mitwirkenden aus dem Netzwerk zu fördern. So wird es im 1. Halbjahr 2023 einen BNE-Fachtag für die Greifswalder Schulen geben.

In der Stadtbibliothek wollen wir das Thema BNE präsenter und für die Stadtgesellschaft erlebbarer machen und ihr auch ein Stück weit ein Gesicht geben – in Ausstellungen, Lesungen, Workshops oder anderen Veranstaltungen. Außerdem wollen wir die Leute an möglichst vielen Stellen mit BNE konfrontieren, gerne auch mal dort, wo sie das nicht erwarten, zum Beispiel mit Produkten aus der Paludikultur (Anm. d. Red.: nasse Bewirtschaftung von Mooren). Dafür sind wir im Gespräch mit der "Michael Succow Stiftung". So könnte man z. B. aus Gräsern hergestellte Platten für die Gestaltung von Bibliotheks-Möbelstücken verwenden. Bei dessen Nutzung würde man die Info bekommen, dass es sich bei dem ungewöhnlichen Material um ein Produkt handelt, das aus Gräsern von Greifswalder Wiesen hergestellt wird. Außerdem würde man erfahren, warum Paludikultur gut fürs Klima ist.
Perfekt wäre es, wenn die Besucherinnen und Besucher der Stadtbibliothek noch mehr über die Bedeutung der Moore und der Paludikultur lernen könnten.

Übrigens gehören zu den BNE-Mitwirkenden auch Aktivistinnen und Aktivisten sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger, unter anderem aus Bewegungen wie "Fridays for Future" und "Extinction Rebellion" sowie lokal engagierte Gruppen, wie "Greifswald Zero" oder die "Klimafit Gruppe".

Anja Rosswinkel im dunkelblauen Rollkragenpullover schaut mit schräg zur Seite gedrehten Oberkörper in die Kamera.

"Es ist so spannend und bereichernd, mit jemandem zu reden, der gedanklich ganz woanders unterwegs ist – und dann zu merken: Wir sind ja eigentlich gar keine Gegner, sondern haben viele Berührungspunkte."

QuelleZitat Anja Rosswinkel © Bild: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler

Wenn es funktioniert, erscheint die Bibliothek als perfekter Ort für BNE.

So ist es! Schließlich ist schon das Prinzip der Bibliothek an sich nachhaltig: Bücher von Mensch zu Mensch weiterzugeben und wieder und wieder zu nutzen – das ist Kreislaufwirtschaft in Reinform. Deshalb finde ich es auch passend, das Thema BNE in der Bibliothek anzusiedeln. Zumal wir den Menschen hier eine ermutigende positive Botschaft mitgeben können: Weil du hier bei uns bist, weil du die Bibliothek nutzt, verhältst du dich schon nachhaltig! Und dann kann man ihnen weitere Impulse mitgeben, wie sie sich auch in anderen Bereichen ihres Alltags nachhaltiger verhalten können – ohne dabei mit der Keule zu kommen, was sie vermeintlich alles falsch machen. Einige kommen mit dem Argument, dass sich doch erstmal die Menschen in China oder Indien nachhaltig verhalten sollen. Wir versuchen ihnen zu zeigen, dass es nicht darum geht, wer wann was wie gemacht hat. Wir vermitteln, dass es bei Nachhaltigkeit um die grundsätzliche Frage geht, wie wir zukünftig leben wollen – und dass wir uns als Gemeinschaft fragen sollten, was wir schön und lebenswert finden.

Städte und BNE

Sie sind auch zuständig für die Koordination des BNE-Netzwerkes der Stadt: Wer gehört noch dazu?

Ganz unterschiedliche Partnerinnen und Partner. Ich möchte sie an dieser Stelle gerne einzeln mit ein paar ihrer vielfältigen Aktivitäten erwähnen. Sie engagieren sich in Greifswald seit Jahren für Bildung für nachhaltige Entwicklung. Da gibt es:

  • die Volkshochschule, die zum Beispiel jährlich einen "Klimafit"-Kurs anbietet,
  • das Bildungsprojekt "verquer – Bildung für globale Gerechtigkeit" mit Projekttagen, einem wöchentlichen Drucktreff, einem Reparatur-Café, "Teamer*in-Ausbildungen" für Jugendliche, einer regelmäßigen Radiosendung,
  • die "Michael Succow Stiftung", die Führungen in die Moore anbietet und in Kooperation mit der Stadt einen Audio-Guide über die Bedeutung der Moore entwickelte,
  • die Greifswalder Agrarinitiative, die Fahrradtouren zu Lern- und Erlebnisorten in der Landschaft und Landwirtschaft anbietet,
  • den Naturschutzbund (NABU) Mecklenburg-Vorpommern, der unter anderem Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer im Bereich Umweltbildung durchführt,
  • das Projekt "Vorpommern Connect (VoCo)" als umsetzungsorientiertes Forschungsprojekt mit dem Ziel die Stadt-Land-Beziehungen in der Region zu verbessern,
  • die "Aktion Sonnenschein", u. a. Träger der Greifswalder Montessori-Schule, die das Grüne Klassenzimmer ins Leben riefen und bereits bei den Kleinsten ansetzen, indem sie BNE-Pläne für Kita-Kinder entwickelten und an einem neuen Modellstandort daran arbeiten, sämtliche Technik und das Gebäude ohne fossile Materialien auskommen zu lassen,
  • den "Unverpackt-Laden", der neben einem reichhaltigen Sortiment an unverpackten Lebensmitteln auch Workshops und Projekttage anbietet,
  • den Landesverband des "Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC)", der insbesondere politisch aktiv ist, wenn es um eine gute Fahrradinfrastruktur geht,
  • die Landwirtin und Bauernhofpädagogin Dörte Wolfgramm-Stühmeyer, die auf ihrem Hof verschiedene Projekte für Kindergärten und Schulklassen anbietet,
  • den Verein "Kunstwerkstätten" der gemeinsam mit Kindern in Ferienkursen u. a. ein Insektenhotel, ein Baumhaus und eine Bienenwiese geschaffen hat,
  • den "Weltladen Greifswald" mit seinen fair gehandelten Produkten und begleitender Bildungsarbeit,
  • "PFLANZET", eine Bildungsanbieterin, die Fortbildungen, Bildungsmaterialien und -module, Seminare und Workshops, wie z. B. "Auf Gemüseweltreise" oder "Schulgärten der Welt", rund um das Thema "Nutzpflanzen global und lokal" anbietet,
  • und den Outdoor-Erlebnis-Anbieter "Zip Erlebnis", bei dem die Natur als Lernraum für umwelt- und erlebnispädagogische Angebote genutzt wird.
Petrolfarbener Handabdruck auf gelbem Hintergrund.

"Es ist wichtig, BNE nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit Hand und Herz zu erfahren."

QuelleZitat Anja Rosswinkel © Bild: BMBF

Warum ist es Ihnen darüber hinaus so wichtig, auch die Wirtschaft einzubinden?

Wenn wir mit dem Thema BNE wirklich in die Stadtgesellschaft hineinwirken wollen, gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Unternehmen unbedingt dazu. Greifswald ist eher ein Wissenschafts- als Wirtschaftsstandort. Deshalb gilt es hier die Universität und die Stadtverwaltung neben der lokalen und regionalen Wirtschaft mitzudenken. Bei "UPJ e.V." beispielsweise konnten wir sehr positive Erfahrungen mit lokalen Aktionstagen sammeln, an denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einem Arbeitstag in gemeinnützigen Projekten arbeiteten. In Wiesbaden gibt es den lokalen Aktionstag seit über 20 Jahren. Dort engagieren sich jährlich mehr als 1.200 Mitarbeitende in über 100 Projekten. Das ließe sich auch für das Thema BNE gut nutzen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten hautnah erleben, was BNE ausmacht. Das ist aus meiner Sicht sehr wichtig, das Thema eben nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit Hand und Herz zu erfahren.

Welches Potenzial hat Ihrer Meinung nach eine bundesweite BNE-Kampagne vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)?

Spannend daran finde ich, dass es eine bundesweite Kampagne mit Aktivitäten im ganzen Land ist. Das zeigt, dass dem Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Auch die Akteurinnen und Akteure aus unserem Netzwerk wünschen sich mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung für das, was sie tun – und das kann eine solche Kampagne sicherlich leisten. Durch die vielen Aktivitäten an unterschiedlichen Orten werden sich außerdem ganz viele Dinge entwickeln, auf die ich sehr gespannt bin. Ich schaue da natürlich besonders auf die Bibliotheken: Ich finde, sie sind ein perfekter Ort für BNE. Das ist ein Schatz, den wir nur noch heben müssen. Ich hoffe, dass die Kampagne hier für Inspiration sorgt und vielleicht die eine oder der andere sagt: Das finde ich toll, was die da in Greifswald machen, das machen wir auch!

Wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit im Privaten?

Ich denke viel darüber nach, was und wie ich konsumiere. Nachhaltigerer Konsum wird einem hier in Greifswald aber auch recht leicht gemacht. Man kann auf dem Markt regionale Lebensmittel einkaufen und ist darüber geradezu gezwungen, regional und saisonal zu kochen. Auch fahre ich heute viel mehr mit dem Fahrrad und fliege nicht mehr so bedenkenlos in den Urlaub. Allerdings lebt meine Schwiegermutter in Montana, USA, dieser Zielort ist mit dem Zug schwer zu erreichen. Andererseits habe ich gerade dort bei ihr ganz tolle neue Impulse in Sachen Nachhaltigkeit bekommen: Die Stadt, in der sie lebt, ist in Sachen Mobilität schon sehr weit: Sie haben ihr Radnetz extrem ausgebaut und ihre elektrischen Buslinien binnen kurzer Zeit enorm erweitert. Das hat mich fasziniert, in was für einem Tempo das alles umgesetzt wurde. Es wäre klasse, wenn das auch in Deutschland möglich wäre.

Was ist Ihre Vision für die nahe und etwas entferntere Zukunft?

Ich wünsche mir, dass die Menschen in Greifswald noch viel stärker miteinander in Kontakt kommen. Das ist meine Vision von sozialem Wandel. Corona hat hier einmal mehr dazu geführt, dass viele in ihrer eigenen Blase unterwegs sind. Dabei ist es so spannend und bereichernd, mit jemandem zu reden, der gedanklich ganz woanders unterwegs ist – und dann zu merken: Wir sind ja eigentlich gar keine Gegner, sondern haben viele Berührungspunkte. In diesem Sinne wollen wir für den Sommer ein Format auf die Beine stellen, wo Menschen im öffentlichen Raum miteinander ins Gespräch kommen sollen. Ich möchte, dass Menschen zusammenkommen und miteinander reden. Ich bin davon überzeugt, dass dann gute Dinge entstehen.