Non-formale, informelle Bildung
Einen großen Teil unseres Wissens erwerben wir außerhalb von Klassenzimmern und Hörsälen. Non-formale und informelle Lernangebote machen sich dieses natürliche Lernen zunutze und motivieren gezielt, sich mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen.
Warum ist Bildung für nachhaltige Entwicklung in der non-formalen, informellen Bildung so wichtig?
Es wird geschätzt, dass 60 bis 70 Prozent aller menschlichen Lernprozesse im Alltag, am Arbeitsplatz, in der Familie und in der Freizeit geschehen. Der Bereich der non-formalen und informellen Bildung ist im Vergleich zum formalen Bildungssystem nicht in starren Strukturen verortet und bietet damit besondere Chancen zur Umsetzung von Bildung für nachhaltige Entwicklung. Das breite Spektrum an unterschiedlichen Lernorten, Themen und Methoden ermöglicht den Lernenden in der außerschulischen Bildung, vielseitige Bildungs- und Handlungserfahrungen im Kontext nachhaltiger Entwicklung zu machen.
Non-formales und informelles Lernen begleitet einen Menschen ein Leben lang und ist daher ein entscheidender Bildungsfaktor. Ob in Biosphärenreservaten, Volkshochschulen, Umweltbildungszentren, Sozialverbänden, Sportvereinen, Familie, Freundeskreis oder im Urlaub – überall kann man etwas über soziale, ökologische und ökonomische Wechselwirkungen lernen und sein Denken und Handeln mit Blick auf diese Zusammenhänge reflektieren.
Viele der außerschulischen Bildungsprogramme adressieren Kinder und Jugendliche, also die Generation, die nicht nur heute, sondern auch morgen mit den Folgen einer nicht-nachhaltigen Entwicklung umgehen muss. Gerade bei ihnen ist es wichtig, frühzeitig und ganzheitlich ein Bewusstsein für Aspekte der nachhaltigen Entwicklung zu schaffen und ihnen eine Gestaltungskompetenz zu vermitteln. Ebenso wichtig ist die Erwachsenenbildung, um einen kontinuierlichen, lebenslangen Lernprozess zu ermöglichen.
Wie kann Bildung für nachhaltige Entwicklung in der non-formalen, informellen Bildung angewendet werden?
Informelles Lernen findet zumeist selbstgesteuert und aufgrund von individuellen Interessen und Präferenzen statt. Daraus ergibt sich ein hohes Maß an Motivation und Lernbereitschaft des Einzelnen – eine ideale Grundlage für Bildung, an die es anzuknüpfen gilt.
Die Auseinandersetzung mit Themen der nachhaltigen Entwicklung kann im non-formalen und informellen Bereich dort ansetzen, wo es den Menschen direkt betrifft. Beispielsweise bei Alltagsentscheidungen zu Konsum, Mobilität und Wohnen oder der Wahl und Ausgestaltung eines Urlaubs.
Eine Weiterentwicklung vorhandener Strukturen sollte auch in die Richtung gehen, Jugendliche verstärkt für die Mitwirkung und Mitgestaltung von Bildungsaktivitäten zu begeistern – auch unter Nutzung digitaler Medien. Jugendlichen muss die Teilhabe an Entscheidungsprozessen ermöglicht werden.
Herausforderungen in der non-formalen, informellen Bildung
Die non-formale Bildung ist in manchem freier als die formale Bildung: Es gibt beispielsweise keine festen Lehrpläne und Organisationsstrukturen. Dies bringt gleichermaßen Chancen, wie auch Herausforderungen mit sich. Wie kann in so einem nicht-formalen System eine strukturelle Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung gelingen? Die Vielzahl an Trägern und die Heterogenität der Lerngruppen und Methoden erschwert dies zudem.
Umso mehr gilt das für die informelle Bildung: Da informelles Lernen ein nicht-organisiertes Lernen ist, kann es nicht gesteuert, sondern nur unterstützt oder angeregt werden.
Um das Potential außerschulischer Bildung für nachhaltige Entwicklung besser nutzen zu können, sind längerfristige, themen- und sektorenübergreifende Förderinstrumente nötig, vor allem mit Blick auf die Verstetigung und den Transfer erfolgreicher Projekte. Zudem ist ein kostengünstiger Zugang zu außerschulischen Angeboten im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung notwendig, da vor allem Jugendliche diese nutzen.
Das Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung
2015 fiel der Startschuss für das UNESCO-Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung, das Folgeprogramm der Vereinten Nationen für die UN-Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung". Das fünfjährige Programm (2015 bis 2019) zielte darauf ab, Bildung für nachhaltige Entwicklung vom Projekt in die Struktur zu bekommen. Dabei konzentrierte es sich vor allem auf fünf Handlungsfelder: Politische Unterstützung, ganzheitliche Transformation von Lern- und Lehrumgebungen, Kompetenzentwicklung bei Lehrenden und Multiplikatoren, Stärkung und Mobilisierung der Jugend und Förderung nachhaltiger Entwicklung auf lokaler Ebene.
Zur Umsetzung des Programms in Deutschland hatte das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine Nationale Plattform eingerichtet, die im Sommer 2017 einen Nationalen Aktionsplan erarbeitet hat. Sie wurde unterstützt durch so genannte Fachforen, die aus Experten zu den verschiedenen Bildungsbereichen besteht.
Nach fünf erfolgreichen Jahren UNESCO-Weltaktionsprogramm BNE startet die UNESCO 2020 mit ihrem neuen Programm "Education for Sustainable Development: Towards achieving the SDGs" - kurz "ESD for 2030".
Das Forum Non-formales und informelles Lernen / Jugend
Das Fachforum erarbeitet prioritäre Handlungsfelder sowie konkrete Ziele und Umsetzungsstrategien für den Bildungsbereich non-formale, informelle Bildung. Außerdem identifiziert es Beispiele guter Praxis und gibt Anregungen für neue Bildungs- und Lernformate.
Priorisierte Handlungsfelder des Fachforums Non-formales und informelles Lernen/ Jugend (Stand: Juli 2016)
Echte Beteiligung von Jugendlichen
Junge Menschen sind unverzichtbare Akteurinnen und Akteure, wenn es um die Gestaltung von Zukunft und Transformation geht. Sie müssen durch echte Beteiligung und Mitsprache in der BNE jugendgemäß eingebunden werden. Nur so kann sich neues Handeln unter Beteiligung aller entfalten.
Diversity und Inklusion
Alle Lernenden müssen aktiv und strukturell an BNE teilhaben können; Zugangshürden müssen abgebaut werden. Die Chancen des non-formalen und informellen Lernens für Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse müssen genutzt werden, um Exklusion abzubauen.
Stärkung und Anerkennung von Change Agents / Multiplikator*innen
Keine Transformation ohne Change Agents und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im Bereich BNE. Sie stärken Kompetenzen, vermitteln (Erfahrungs-)Wissen und eröffnen Gestaltungsräume. Hierzu braucht es Anerkennung, Qualifizierung und Wertschätzung, wie auch Anreiz- und Finanzierungsstrukturen. Die Bildungsinstitutionen sollen sich für das freiwillige Engagement in der BNE öffnen. Programme zur Vernetzung und Qualifizierung der Multiplikatoren müssen etabliert werden.
Ausbau von BNE-Bildungslandschaften
Bildungslandschaften verbinden auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene non-formale und informelle mit formalen Bildungsangeboten, -inhalten und -anlässen. Sie schaffen einen durchlässigen Bildungsraum des lebenslangen Lernens entlang der individuellen Bildungsbiografie, in dem der Erwerb von Kompetenzen im Sinne der BNE ermöglicht wird. Lernorte und Anbieter von Bildungsinhalten und -anlässen sind auch Wirtschaft, Kommunen, zivilgesellschaftliche Organisationen und private Initiativen. Der internationalen Verankerung von BNE kommt in der globalen Welt eine besondere Bedeutung zu.
Bilder und Erzählungen (Narrative) der Transformation entwickeln
In ihren Bildern und Erzählungen zeigt sich die Kultur einer Gesellschaft. Die Transformation unserer Gesellschaft braucht neue Narrative, um Zukunftsbilder und Vorstellungswelten zu erarbeiten, auf die BNE gerichtet ist. So können bestehende Handlungsmuster verändert und neue Wege ermöglicht werden. Kraftvolle Bilder und Erzählungen tragen maßgeblich dazu bei, die Wirksamkeit von BNE zu entfalten.
Freiräume schaffen
Freie, unverzweckte Räume zur Gestaltung ergebnisoffener Prozesse sind notwendig, um veränderte Gelegenheiten zu Aushandlung und Dialog zu schaffen. Diese ermöglichen den Umbau von Entscheidungs- und Handlungsstrukturen. Freiräume können physisch, zeitlich oder sozial sein. Strukturen, die Freiräume für gesellschaftliches und politisches Engagement ermöglichen, sollen geschaffen werden. Strukturen, die Freiräume verhindern, werden identifiziert und verändert.
Tragfähige Finanzierungsmodelle und -instrumente entwickeln
Zur strukturellen Verstetigung und Weiterentwicklung werden Unterstützungssysteme benötigt, die den Prozess vom Projekt zur Struktur begleiten. Dies soll durch längerfristige, themen- und sektorenübergreifende Förderinstrumente gesichert werden. Bestehende BNE-Förderung soll geprüft und weiter entwickelt werden.
Die Partnernetzwerke im Bereich non-formale, informelle Bildung
Die Fachforen arbeiten eng mit so genannten Partnernetzwerken zusammen, die Akteure untereinander vernetzen und Impulsgeber für die Umsetzung vor Ort sind. Die einzelnen Partnernetzwerke stellen sich auf dieser Seite genauer vor. Sie finden dort unter anderem Mitgliederlisten und Grundpositionen.
Im Bereich non-formale, informelle Bildung sind folgende Partnernetzwerke aktiv:
Partnernetzwerk Außerschulische Bildungswelten, Medien, Ökonomie und Konsum, Biologische Vielfalt, Kulturelle Bildung und Kulturpolitik.
Rückblick
Der non-formale und der informelle Bildungsbereich haben in der UN-Dekade substantiell zur Umsetzung von Bildung für nachhaltige Entwicklung in Deutschland beigetragen. Dies wird daran deutlich, dass über die Hälfte der ausgezeichneten UN-Dekade-Projekte aus diesem Bereich kommen. Durch die Arbeit der AG Außerschulische Bildung konnte ein deutschlandweites Netzwerk von Akteuren entstehen, das zahlreiche Impulse für die Implementation von Bildung für nachhaltige Entwicklung gegeben hat. So wurden unter anderem Qualitätskriterien für die Ausbildung von Multiplikatoren (PDF, 1MB, Datei ist nicht barrierefrei) formuliert.
Rückschau: Meldungen zum Thema non-formale, informelle Bildung
Weiterführende Informationen
Links
Akteure zum Bildungsbereich Non-formale, informelle Bildung auf dem BNE-Portal
Lehrmaterialien zum Bildungsbereich Non-formale, informelle Bildung auf dem BNE-Portal
Publikationen zum Bildungsbereich Non-formale, informelle Bildung auf dem BNE-Portal
Publikation: Bildung für nachhaltige Entwicklung in der außerschulischen Bildung [PDF]
Zertifizierung außerschulischer Bildungsstätten: Infos der Norddeutschen Partnerschaft (NUN)