Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE): Auf dem Weg in den Mainstream, doch mit welcher Priorität? : Datum:
Eine aktuelle Analyse des nationalen BNE-Monitorings zeigt: BNE ist programmatisch auf dem Weg in den politischen Mainstream. In zentralen Dokumenten von Bund, Ländern und Stiftungen wird häufig auf BNE Bezug genommen, allerdings bedarf es einer stärkeren Priorisierung und Konkretisierung, um die mit BNE verbundenen Ziele erreichen zu können.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden inzwischen von allen größeren demokratischen Parteien, der Bundesregierung sowie von Ministerien in allen Bundesländern als zentrale Handlungsfelder anerkannt. Die Relevanz von Nachhaltigkeit ist vor dem Hintergrund von Klima- und Biodiversitätskrise in Verbindung mit großen sozialen Ungleichheiten kaum zu überschätzen. BNE wird von vielen Seiten gewünscht und gilt als zentraler Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung. Inwiefern BNE in zentralen Dokumenten von Bund, Ländern und Stiftungen jedoch tatsächlich aufgegriffen und priorisiert wird, zeigt nun eine aktuelle Studie des Nationalen BNE-Monitorings am Institut Futur der Freien Universität Berlin: Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE): Auf dem Weg in den Mainstream, doch mit welcher Priorität?
Untersucht wurden unter anderem die aktuellen Koalitionsverträge im Bund und in den Ländern, BNE-Strategien, Nachhaltigkeits- und Klimastrategien, Weiterbildungsgesetze, Gemeindeordnungen, Bildungsberichte und Dokumente von Stiftungen. Die Analyse zeigt: Alle Bundesländer und der Bund positionieren sich inzwischen in zentralen Dokumenten zu Nachhaltigkeit und BNE im Bildungssystem. Diese häufig programmatischen Bekenntnisse werden im Monitoring-Bericht als deutliches Zeichen eines politischen "Mainstreamings" von BNE interpretiert. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass es große Unterschiede in der Substanz, Konkretheit und Priorisierung der Bezüge zu BNE gibt. So zeigte sich in der Analyse unter anderem eine deutliche Diskrepanz zwischen ambitionierten Zielsetzungen auf der einen Seite und den konkret vorgesehenen Maßnahmen, Indikatoren und Mitteln zur praktischen Umsetzung von BNE auf der anderen Seite.
Auf Basis der Analyse leitet das Team um den Autor der Studie, Jorrit Holst, Empfehlungen für die weitere Integration von BNE und Nachhaltigkeit in das Bildungssystem ab. Um BNE "auf dem Weg in den Mainstream" mit einer hohen Priorität auszustatten, wird unter anderem empfohlen, in allen Bundesländern möglichst verbindliche BNE-Strategien zu entwickeln beziehungsweise fortzuschreiben und diese eng mit den Nachhaltigkeits- und Klimastrategien zu verzahnen. Dabei ist entscheidend, dass zu den mit BNE verbundenen Zielen gemeinsam mit den relevanten Akteurinnen und Akteuren zentrale Handlungsfelder und Maßnahmen, insbesondere aber auch Indikatoren und konkrete Zuständigkeiten definiert und die notwendigen Mittel eingeplant werden. Darüber hinaus wird angeregt, die Weiterbildung als entscheidendes Feld für BNE stärker zu priorisieren und zu diesem Zweck unter anderem BNE und Nachhaltigkeit in die Weiterbildungsgesetze aufzunehmen. Mit Blick auf die kommunale BNE-Praxis wäre außerdem zu prüfen, inwiefern der Beitrag der Kommunen zu nachhaltiger Entwicklung – unter anderem durch BNE – als grundlegende Aufgabe in den Gemeindeordnungen verankert werden kann. Ein weiterer Hebel für ein verstärktes "Mainstreaming" von BNE wäre zudem, im Nationalen Bildungsbericht einen Schwerpunkt zu Nachhaltigkeit und BNE aufzugreifen und relevante Indikatoren darin zu verstetigen. Vor dem Hintergrund der bisherigen Lücken bei der Umsetzung von BNE wird für Politik, Verwaltung und Stiftungen empfohlen, neben einer allgemeinen Priorisierung Schwerpunkte zu legen auf
(i) die Aus- und Weiterbildung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren (z.B. Lehrkräfte),
(ii) die Erwachsenenbildung sowie
(iii) die Entwicklung von nachhaltigen Lernorten in allen Bildungsbereichen als alltägliche Erfahrungs- und Experimentierräume für ein sozial gerechtes Leben innerhalb der von der Natur vorgegebenen Grenzen der Erde (Whole Institution Approach).
Die aktuelle Veröffentlichung finden Sie hier: Bericht.
Ansprechpartner: Jorrit Holst, Institut Futur der Freien Universität Berlin, E-Mail: Holst@institutfutur.de
Informationen zum BNE-Monitoring und aktuellen Ergebnissen
Hintergründe und weitere Ergebnisse der Forschung des nationalen BNE-Monitorings finden sich auf dem BNE-Portal unter Monitoring sowie auf der Internetseite des Institut Futur.
In den jüngsten Veröffentlichungen des BNE-Monitorings wurde die strukturelle Verankerung von BNE und Nachhaltigkeit in Dokumenten der Frühkindlichen Bildung, Schule, Beruflichen Bildung und Hochschule analysiert und aus einer bundesweiten quantitativen Befragung von Lernenden und Lehrenden berichtet. Zudem ist im Frühjahr 2023 ein praktischer Guide zur Verwendung des Reflexive Monitoring in Action erschienen.