Bildung für nachhaltige Entwicklung bis 2030
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) fördert Dialogfähigkeit und Orientierungswissen, kreatives und kritisches Denken sowie ein ganzheitliches Lernen unter Berücksichtigung religiöser Orientierung und kultureller Werte.
Bildung für nachhaltige Entwicklung fördert die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, mit Unsicherheiten und Widersprüchen umzugehen, Probleme zu lösen und an der Gestaltung einer demokratischen und kulturell vielfältigen Gesellschaft mitzuwirken. Hierzu können Kirchen und Religionsgemeinschaften einen wichtigen Beitrag leisten und vielfältige Erfahrungen in den Prozess einbringen.
BNE schafft Experimentier- und Gestaltungsräume für Nachhaltigkeitslösungen und gesellschaftliche Innovationen. Dabei setzt BNE auf zwei Ebenen an, auf der des Wissens und der Ebene des Könnens, der Kompetenzen. Zum einen wird Grundlagenwissen zur Bewältigung gesellschaftlicher Schlüsselprobleme vermittelt. Zum anderen zielt BNE darauf ab, die Lernenden zu befähigen, Herausforderungen zu erkennen und eigene Herangehensweisen wie Lösungswege zu finden, also sogenannte Gestaltungskompetenz zu erwerben (Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung 1999, Seite 62). Diese orientiert sich an dem internationalen Kompetenzrahmen der OECD (2005).
BNE greift dabei zurück auf die historisch gewachsenen Bezüge zur Umweltbildung, zum Globalen Lernen, zur Friedenspädagogik, zur Verbraucherbildung, zur interkulturellen Bildung und zur Demokratiepädagogik.
Lernorte der Nachhaltigkeit
Sich globalen Herausforderungen zu stellen findet statt im Elternhaus, in Kita, in Schule und Hochschule, im Verein und am Arbeitsplatz und damit an Orten des formalen, non-formalen und informellen Lernens. Alle sollten wissen, was und wie sie dazu in ihrer Gemeinschaft beitragen können. Dies beinhaltet, Werte zu hinterfragen und eigenes Engagement zu entwickeln. BNE schafft aber auch Voraussetzungen für sachgerechte jetzige und zukünftige Diskurse im privaten und beruflichen Umfeld sowie in politischen Kontexten, die für eine nachhaltige Entwicklung unabdingbar sind. Um eine solche Lernerfahrung zu ermöglichen, braucht BNE einen Ort – einen Lernort der Nachhaltigkeit. Lernorte entfalten ihre volle Innovationskraft dann, wenn sie ganzheitlich arbeiten, wenn also eine Schule, ein Verein, ein Unternehmen oder die kommunale Verwaltung Lernprozesse und Methoden sowie die Bewirtschaftung auch an Prinzipien der Nachhaltigkeit orientiert und dabei die Qualifizierung von Lehrenden und Multiplikatoren sowie von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern berücksichtigt. Die Förderung von Lernorten mit solch einem ganzheitlichen Ansatz steht daher im Fokus des Weltaktionsprogramms BNE, dort nennt die UNESCO dies den Whole Institution Approach.
Gute BNE
Deutschland gilt seit der UN-Dekade BNE in den Jahren 2005 bis 2014 international als Vorreiter. Knapp 2.000 Projekte, 49 Maßnahmen und 21 Kommunen wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gemeinsam mit der Deutschen UNESCO- Kommission für ihre gute Praxis ausgezeichnet. Nun gilt es, von der Breite vieler Projekte und Einzelmaßnahmen den Weg hin zu einer langfristigen Verankerung zu beschreiten – zu stabilen Netzwerken, dauerhaften Strukturen und Leuchttürmen mit Ausstrahlungswirkung. Daher stellt sich die Frage: Was ist gute BNE und wie können wir die Qualität des Bestehenden verbessern?
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Deutsche UNESCO-Kommission gehen im Rahmen des Weltaktionsprogramms den nächsten Schritt: Sie zeichnen seit 2016 Lernorte, Netzwerke und Kommunen aus, die BNE strukturell verankern. Damit erfüllt Deutschland den eigenen Anspruch, nach der UN-Dekade "vom Projekt zur Struktur" [PDF | 10,1 MB] zu gelangen. Auch die Einrichtung eines Agendaprozesses mit Nationaler Plattform, Fachforen und Partnernetzwerken sowie einem jährlichen Agendakongress zielt darauf ab, BNE deutschlandweit stärker und dauerhafter in die Strukturen zu bringen. Dieser Agendaprozess unter Federführung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist international einzigartig. Er erfüllt eine der fünf Prioritäten des Weltaktionsprogramms.
Um eine strategische Fokussierung zu ermöglichen und das Engagement der Akteure zu fördern, hat das WAP fünf prioritäre Handlungsfelder identifiziert, um BNE voranzubringen.
Handlungsfeld 1
Politische Unterstützung: Integration des BNE-Konzepts in die Politik in den Bereichen Bildung und nachhaltige Entwicklung, um ein günstiges Umfeld für BNE zu schaffen und eine systemische Veränderung zu bewirken.
Politischer Rahmen
Das UNESCO-Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung (2015–2019) diente der Umsetzung des Ziels 4.7 der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung:
Es verfolgte zwei zentrale Ziele:
- "Neuorientierung von Bildung und Lernen, sodass jeder die Möglichkeit hat, sich das Wissen, die Fähigkeiten, Werte und Einstellungen anzueignen, die erforderlich sind, um zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen"
- "Stärkung der Rolle von Bildung und Lernen in allen Projekten, Programmen und Aktivitäten, die sich für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen"
Die Roadmap des Weltaktionsprogramms [PDF, 4,8 MB] (PDF, 5MB, Datei ist nicht barrierefrei) benannte dafür fünf prioritäre Handlungsfelder:
1. politische Unterstützung für BNE,
2. ganzheitliche Transformation von Lern- und Lehrumgebungen,
3. Kompetenzentwicklung bei Lehrenden und Multiplikatoren,
4. Stärkung und Mobilisierung der Jugend sowie
5. Förderung nachhaltiger Entwicklung auf lokaler Ebene.
Um diese Ziele zu erreichen und BNE explizit in den fünf Handlungsfeldern stärker voranzutreiben, arbeitete die UNESCO in der internationalen Umsetzung des WAP mit rund 100 internationalen Schlüsselpartnern zusammen, die sich jeweils zu den fünf Handlungsfeldern in Partnernetzwerken zusammenschließen. Das BMBF war einer der ersten Partner, die sich hierzu im Jahr 2015 verpflichtet haben. Während der UNESCO-Woche zu Frieden und nachhaltiger Entwicklung vom 6. bis 10. März 2017 trafen sich 400 internationale Akteure, darunter die deutschen Mitglieder der internationalen Partnernetzwerke. Auf dieser ersten internationalen Konferenz veranstaltete das BMBF gemeinsam mit dem japanischen Bildungsministerium und dem kenianischen Bildungsministerium einen Workshop, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedene politische Möglichkeiten diskutierten, die praktische Umsetzung von BNE zu unterstützen.
BNE erfährt durch solche Veranstaltungen eine öffentlichkeitswirksame Würdigung als Kernelement nachhaltiger Entwicklung. Der Bedeutungszuwachs von BNE ist darüber hinaus sowohl auf internationaler als auch nationaler Ebene erkennbar. Alle 17 SDGs heben die Bedeutung von Bildung für die Umsetzung der jeweiligen Ziele hervor. Auch auf der UN-Klimakonferenz 2015 (COP 21) in Paris wurde die essenzielle Rolle von Bildung betont. In dem Klimaabkommen von Paris wird Bildung in den Artikeln 11 und 12 als maßgeblich betrachtet, um ein Bewusstsein für das Thema Klimawandel zu schaffen.
Die Bundesregierung teilt diese Auffassung und räumt der BNE eine besondere Rolle ein. In der Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie [PDF | 5,1 MB] wird auf die Notwendigkeit verwiesen, BNE als übergreifendes Konzept erfahrbar zu machen, da sie den Erwerb sozialer, kognitiver und emotionaler Kompetenzen ermöglicht.
Zentrale Querschnittsthemen zur Verwirklichung der WAP-Prioritäten
Ausgehend von dem Ziel, vom Projekt zur Struktur zu gelangen, enthält der Nationale Aktionsplan (NAP BNE) Empfehlungen für die klassischen Bildungsbereiche frühkindliche Bildung, Schule, Hochschule und berufliche Bildung. Dies wird ergänzt um zwei übergreifende Bereiche: das non-formale und informelle Lernen und die Jugend einerseits und die BNE in Kommunen andererseits.
Darüber hinaus gibt es übergreifende Themen, die in allen Bereichen zentral sind, um BNE zu verwirklichen. Sie bieten entscheidende Ansatzpunkte für die Implementierung von BNE. Aus diesem Grund werden sie als Querschnittsthemen bezeichnet. Die Querschnittsthemen des Nationalen Aktionsplans sind:
- BNE als Querschnittsaufgabe des gesamten Bildungswesens: Ministerien auf Bundes- und Landesebene sind ebenso wie nachgeordnete Behörden der Bildungsverwaltung aufgefordert, BNE als Querschnittsaufgabe umzusetzen. Bei der Initiierung von Netzwerken für BNE kommt den Kommunen eine besondere Verantwortung zu, da sie die relevanten Akteure vor Ort zusammenbringen können.
- BNE in den Lehr- beziehungsweise Bildungsplänen verankern: In den vergangenen Jahren wurde BNE bereits in vielfältiger Form in die Lehr- bzw. Bildungspläne der Länder aufgenommen. Es ist zu prüfen, an welchen Stellen der NAP BNE Weiterentwicklungen aufzeigt und welche Empfehlungen für die Aufnahme von BNE in die Bildungspläne gegeben werden können. Zugleich müssen Strategien und Konzepte entwickelt werden, die daran anknüpfend eine stärkere Umsetzung der BNE in die Bildungspraxis ermöglichen.
- BNE in die Aus- und Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften und Ausbildenden integrieren: Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte und Ausbildende sind wesentliche Akteure für die Umsetzung von BNE. Um Kompetenzen zu entwickeln, soll BNE strukturell in der Aus-, Fort- und Weiterbildung verankert werden. In der jeweiligen Zuständigkeit werden Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards sowie Unterstützungsmaßnahmen entwickelt.
- Qualitätssicherung der BNE: Um die Qualität der BNE zu sichern und zu fördern, sollen Qualitätskriterien und Indikatoren entwickelt werden. Diese Qualitätskriterien sollen sich an aktuellen didaktischen und lernpsychologischen Erkenntnissen orientieren. Bereits vorhandene Indikatoren wie zum Beispiel die des Deutschen Nachhaltigkeitskodex sollen einbezogen und weiterentwickelt werden.
- Ganzheitliche Transformation von Lehr- und Lernumgebungen: Ein wichtiger Aspekt für eine nachhaltige und zukunftsfähige Ausrichtung der Organisations- und Personalentwicklung in der jeweiligen Organisation ist die strukturelle Implementierung von BNE. Partizipation und Teilhabe sind wichtige Elemente für eine ganzheitliche Transformation von Lehr- und Lernumgebungen. Das bezieht die Leitungen der Bildungsinstitutionen, Lehrende, Lernende, Eltern, Kommunen und zivilgesellschaftliche Akteure ein. Dabei wird besonders auch die Partizipation junger Menschen als Zielstellung festgehalten.